Krafttraining & Kälteanwendungen

Kältereize haben zahlreiche positive Effekte. Von erhöhter Dopaminausschüttung über die Steigerung der Stoffwechselaktivität und die Bildung von braunen Fettzellen bis hin zu epigenetischen Veränderungen. Doch wie sieht es mit der Regeneration nach einem intensiven Krafttraining aus? Hindert die Kälte eventuell sogar den Trainingserfolg? Während ich im Beitrag Kältereize für die Gesundheit allgemeine Effekte beschrieben habe werde ich heute die Fragen rund um Regeneration und Kälteanwendungen klären.

Kälte für die Regeneration

Viele Sportler nutzen das Eintauchen in kaltes Wasser um Muskelkater und Erschöpfung zu reduzieren. Eintauchen? Ja genau, der Körper wird in kaltes Wasser eingetaucht. Die Wassertemperatur wird dabei in Badewannen (auch aufblasbar) bei Bedarf durch das Hinzufügen von Eiswürfeln oder mithilfe spezieller Wasserkühlungsgeräte reguliert. Auch kalte Gewässer oder kaltes Duschen kommen in Frage.

Und was erhoffen sich die SportlerInnen? Eine schnellere Regeneration. Dabei werden in der Fachliteratur vor allem Muskelkater, Entzündungsparamater, Genexpression, Kraft und Muskelmasse gemessen. Die Wassertemperaturen bewegen sich je nach Studie überwiegend zwischen 10 und 15 Grad Celsius, die Dauer der Kälteanwendung zwischen 3 und 30 Minuten.

Kälteanwendungen nach dem Krafttraining

Im Jahr 2015 veröffentlichte das Team um Llion Roberts von der University of Queensland interessante Studienergebnisse. In einer Studie verglichen sie zwei Gruppen miteinander, die 12 Wochen lang ein Krafttraining absolvierten. Die eine Gruppe begab sich wenige Minuten nach dem Training in ein 10-minütiges Kaltwasserbad (10 Grad Celsius). Die andere Gruppe fuhr in der gleichen Zeit mit niedriger Intensität auf einem Fahrradergometer. Nach den 12 Wochen war das Fazit eindeutig: Die Kälteanwendungen unmittelbar nach dem Training waren für den langfristigen Aufbau von Muskelmasse und Kraft eher ein Nachteil.

This investigation offers the strongest evidence to date that using cold water immersion on a regular basis may interfere with training adaptations.*

Im Gegensatz hierzu zeigt die Metaanalyse von Moore und KollegInnen positive Effekte auf die Muskelleistung, Muskelkater und die wahrgenommene Erholung. Die Aussagekraft ist jedoch eingeschränkt, da es hier nur um kurzfristige Effekte ging.

Die Körpertemperatur

Beim Krafttraining ist jedoch etwas anderes zu beachten, was durchaus die Leistungsfähigkeit beeinflusst: die Körperkerntemperatur. Steigt diese an, so lassen sich durch das Herunterkühlen des Körpers, Kraft und Trainingsvolumen deutlich steigern. Aber keine Sorge. Man muss nicht nach jeder Serie in eine Wanne mit Eiswasser springen. Amüsant ist die Vorstellung allerdings schon, wenn in einem Fitnessstudio neben jedem Trainingsgerät eine Badewanne stünde…

Wer aufgrund von heißem Wetter oder intensivem Training den Körper zwischen Trainingssätzen kühlen möchte, nimmt am besten eine Flasche aus dem Kühlschrank in jede Hand. Ein bis zwei Minuten werden die Flaschen dann gehalten. Denn genau über Körperbereiche die keinen Haarwuchs haben (Stirn, Handinnenflächen, Fußsohlen) können wir unseren Körper optimal abkühlen.

Psychische Effekte

Die eigene Wahrnehmung der Erholung kann durch die Kälteanwendungen verbessert werden, indem Muskelkaterempfindung und Erschöpfung verringert werden. Hier sind hormonelle Wirkungen der Kälte zu nennen, wie der erhöhte Dopamin-, Adrenalin- und Noradrenalinspiegel. Wer einmal sehr müde war und dann kalt geduscht hat oder in einem kalten See gebadet hat, weiß was ich meine. Der psychische Effekt ist enorm.

Krafttraining und Kälte – Fazit

Bei jeder sportlichen Aktivität kommt es zur Schädigung von Zellen, zur Ausschüttung von zahlreichen Botenstoffen der Muskulatur und des Immunsystems sowie zur Bildung freier Radikale. Alle diese Reaktionen stellen eine normale Reaktion unseres Körpers auf einen starken Reiz dar und sind Bestandteil der notwendigen Anpassungsmechanismen.

Macht es also grundsätzlich Sinn in diesen Prozess durch Kälte massiv einzugreifen? Die Ergebnisse von Roberts zeigen, dass Kälte nach dem Krafttraining wenig Sinn macht. Das bedeutet jedoch nicht, dass man sich die vielen Vorteile von Kälteanwendungen entgehen lassen muss.

Eine Lösung besteht darin, einfach an Tagen kalt zu baden oder zu duschen an denen keine Krafttrainingseinheit geplant ist. Und es müssen auch nicht gleich 10 Minuten oder mehr sein. Denn 10 Minuten in 10 Grad kaltem Wasser sind für viele Menschen schlicht und einfach zu kalt. Also erst einmal langsam beginnen: 1-2 Minuten und dann allmählich steigern.

Natürlich sind die Kontraindikationen zu beachten, über die ich bereits im Beitrag Kältereize für die Gesundheit geschrieben habe. Sofern irgendwelche chronischen oder akuten Krankheiten bestehen oder Medikamente eingenommen werden, sollte das Vorhaben sowieso mit einem Arzt abgeklärt werden.

Für den Bereich des Ausdauertrainings sieht es wieder anders aus. Hier scheinen Kälteanwendungen durchaus Vorteile zu bieten. Diesem Thema widme ich mich in einem weiteren Beitrag. Ebenso der Frage welche Vorteile Kälteanwendungen bei Diabetes oder Übergewicht haben.

Literatur

Bildquelle: von mihtiander von Getty Images