Vor wenigen Jahren lag der Fokus im Training auf der Muskulatur. Diese galt es zu stärken, zu dehnen, ausdauernder zu machen oder zu formen. Fasziengewebe kannten viele bis dahin nur von der Fleischzubereitung: dieses weiße, zähe, den Muskel umgebende Gewebe, das möglichst gründlich entfernt wird. Dann plötzlich eine Revolution. Faszien sind in aller Munde und das nicht nur am Esstisch. Überall werden sie angepriesen, trainiert und durchgewalkt. Doch was ist dran am Faszien-Hype?
Was sind Faszien überhaupt?
Faszien bilden ein umhüllendes und verbindendes Spannungsnetzwerk im gesamten Körper. Nicht nur Muskeln sind von einer Faszie umgeben sondern jedes Muskelfaserbündel und jede einzelne Muskelfaser. Doch auch Gelenkkapseln, die Umhüllung von Organen, Sehnen und Bänder gelten als Faszien. Warum? Die Grundbausteine sind immer dieselben: insbesondere Kollagenfasern und Grundsubstanz. Letztere enthält Proteine und Kohlenhydrate, die eine enorme Menge an Wasser binden können.
Faszientraining gibt es schon immer!
Schon immer hat der Mensch bei Aktivität auch sein Fasziengewebe beansprucht und „trainiert“. Insbesondere im Yoga, Tanz, der Leichtathletik und vielen anderen Sportarten sind Höchstleistungen nur mit einem gut trainierten Fasziengewebe möglich. Anders ausgedrückt gibt es kaum eine Sportart oder Bewegungsform, bei der das Fasziengewebe keine Rolle spielt. Schon immer wurden sie mittrainiert, nur eben nicht so gezielt und mit einem anderen Fokus. Auch ersetzt das Faszientraining keinesfalls andere Trainingsmethoden. Der deutsche Faszienexperte Dr. Robert Schleip formulierte es auf einem Kongress sinngemäß so: das Faszientraining ist ein nur ein kleiner Bestandteil am gesamten Training, der bisher gefehlt hat. Jetzt gilt es diesen wissenschaftlich fundiert in das Gesundheitstraining zu integrieren.
Neu sind tiefere Erkenntnisse über den Aufbau und die Funktion der Faszien sowie über die nötigen Trainingsmodalitäten. Besonders erwähnenswert ist z.B. die hohe Dichte von Schmerzrezeptoren, insbesondere in der tiefen Rückenfaszie und die Tatsache, dass Faszien kontraktile Eigenschaften besitzen, sich also selbständig zusammenziehen können, z.B. bei Stress. Alt hingegen sind viele Trainingsinhalte, insbesondere diejenigen, die auf eine Dehnung der Faszien abzielen.
Die Möglichkeiten des Faszientrainings
Bevor wir uns den Möglichkeiten zuwenden, zunächst ein Beispiel was mit Fasziengewebe passiert, wenn wir zu wenig körperlich aktiv sind: Es verändert seine Struktur, verfilzt und verklebt regelrecht. Dies verändert die mechanischen Eigenschaften negativ und beeinflusst unsere Bewegung und unsere Schmerzwahrnehmung.
Das Gute ist jedoch, dass sich Fasziengewebe, wie auch die Muskulatur, trainieren lässt. Allerdings benötigt es deutlich mehr Zeit bis es zu relevanten Anpassungserscheinungen kommt.
Wer das Fasziengewebe gezielt beüben möchte, hat verschiedene Möglichkeiten: Von der Fasziendehnung, über Reaktivkrafttraining, bis hin zur verbesserten Gewebsversorung und zu speziellen Wahrnehmungsübungen.
Im Personal Training wende ich immer wieder spezielle Faszienübungen an, je nach Zielen, Wünschen und Beschwerden meiner Kunden. Manches davon mag neuartig erscheinen, anderes altbekannt. Das Wichtigste ist jedoch, dass meine Kunden sich wohlfühlen und das Training ihnen gut tut. Ganz egal ob es sich um klassische Methoden handelt oder um einen Trend.
Bildquelle: von TMGZ2021